Nach der Immobilien- und Finanzkrise, die ab 2007 viele Volkswirtschaften an den Rand des Abgrundes trieb, hat die EU neue Finanzmarktregeln und -organe auf den Weg gebracht. Es sollen vor allem systemische Fehler abgestellt werden und hauptsächlich mehr Transparenz im Finanzmarkt geschaffen werden. Im September 2010 machte das EU-Parlament den Weg frei für ausgearbeitete Vorschläge der Sonderkommision der EU. Wildwest-Games im EU-Finanzsektor sollen zukünftig nicht mehr möglich sein. Gegen einige der neuen Regeln ist vor allem London kritisch eingestellt. Die City of London ist der Finanzplatz schlechthin in Europa mit liberalsten Marktregeln. Transparenz soll vor allem bei hochspekulativen Geschäften in der EU geschaffen werden, zum Beispiel durch Hedge-Fonds. Vor allem möchte man den Derivate-Handel genauer unter die Lupe nehmen. Unter anderem wird es eine Meldepflicht für Derivate geben. Ungedeckte Leerverkäufe und Kreditausfallversicherungen werden bisher nicht verboten. In Deutschland sind die Produkte aber bis Ende März 2011 erstmals verboten. Zwischen den Ländern der EU gab es unter anderem Streit, wo die neuen Finanz- und Versicherungskontrollorgane der EU sitzen sollen. Man einigte sich auf Frankfurt a.M. als Sitz der EU-Versicherungsaufsicht, London als Sitz der Bankenaufsicht und natürlich Paris als Sitz der Börsenaufsicht. Innerhalb der Kompetenz der Europäischen Zentralbank in Frankfurt soll ein Risikogremium eingerichtet werden, dass den Finanzmarkt auf Gefahren analysiert. Mit dem Risikorat sollen zukünftige Finanzkrisen früher erkannt werden. Die neue europäische Finanzaufsicht soll grundsätzlich auf zwei Säulen aufbauen: dem Europäischen Finanzaufsichtssystem (ESFS) und dem Europäischen Rat für Systemrisiken (ESRC). Die Gesamtaufsicht über das europäische Finanzaufsichtssystem würde unter die Hoheit der ESFS fallen. Die Aufgaben der ESRC sind vor allem die Sammlung von Informationen bezüglich der Marktrisiken und die Einordnung der Risiken. Unter anderem soll die ESRC mit Drittländern und dem Internationalen Währungsfond (IWF) eng zusammenarbeiten und auch Empfehlungen ggfls. gegenüber den EU-Organen aussprechen. Der Europäische Rat für Systemrisiken soll unter anderem aus den Präsidenten der 27 Zentralbanken bestehen.
Innerhalb des Europäischen Finanzaufsichtssystems sollen die nationalen Aufsichtsgremien - wie in Deutschland zum Beispiel die Bundesanstalt für Finanzmarktaufsicht – eng zusammenarbeiten. Es sollen neue EU-Aufsichtsbehörden entstehen: die Europäische Bankaufsichtsbehörde (EBA), die Europäische Wertpapieraufsichtsbehörde (ESA) und die Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (EIOPA). Zu den Aufgaben der neuen Behörden sollen unter anderem gehören: die Ausarbeitung EU-harmonisierender Vorschriften, die Gewährleistung der Durchsetzung der EU-Vorschriften in den Ländern oder die Erteilung von Aufsichtsbefugnissen für einzelne Einrichtungen. Das neue Europäischen Finanzaufsichtssystem (ESFS) soll bestehen aus den drei neuen Behörden, den nationalen Aufsichtsbehörden und einem Lenkungsausschuss. Die Rechtsgrundlagen für das Europäische Finanzaufsichtssystem legt Artikel 95 EG-Vertrag (Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft).
Mit den Vorschlägen der EU sollen generell mehr Kompetenzen in die neuen EU-Finanz- und Versicherungskontrollorgane verlagert werden. Bisherige nationale Kompetenzen in der Finanzmarktaufsicht werden so langfristig europaweit harmonisiert. Die drei neuen Kontrollgremien sollen ihre Arbeit Anfang 2011 aufnehmen und die Sicherung der Finanzmarktstabilität unterstützen. Frankfurt hätte mit der Aufsichtsbehörde für Versicherungen und Pensionsfonds nach der Europäischen Zentralbank (EZB) eine weitere wichtige EU-Behörde erhalten.
Häufige Fragen zum Themenkomplex Europäische Finanzaufsicht:
Welche Konsequenzen zieht die EU aus der Weltwirtschaftskrise?
Welche neuen Aufsichtsbehörden gibt es im EU-Finanzmarkt?
Welche neuen EU-Behörden kommen nach London, Frankfurt und Paris?
Welche neue EU-Behörde kommt nach Frankfurt a.M.?
Wie sieht das Säulenmodell der EU in der Finanzmarktkontrolle aus?
Was ist die EBA?
Was ist die EIOPA?
Was ist die ESA?
Was ist die ESFS?
Was ist die ESRC?